Fachwissen hydraulischer Abgleich

Der hydraulische Abgleich von 2-Rohranlagen

Falls Sie in irgendeiner Publikation etwas zum hydraulischen Abgleich suchen, finden Sie bestimmt auch eine Definition des Begriffs. Ich tue dies gleich am Anfang, dann haben Sie es hinter sich, und wir können von vorne anfangen

Die richtige Wassermenge
zur richtigen Zeit
am richtigen Ort
(copyright Bernd Scheithauer)

Ist doch verständlich, oder ? ... etwas umfassender:



Kennen Sie diese Situation? Dann lassen Sie mich die Lösungswege aufzeigen.

Am Anfang steht eine Berechung, …. oder, wenn man die heutigen energetischen Anforderungen betrachtet, sollte es eigentlich heißen: Am Anfang muss eine Berechnung stehen. Aber, getreu dem Motto: „Warm wird es ja irgendwie immer“ werden heute noch unzählige Heizungsanlagen zuerst gebaut und anschließend nur dann (nach)berechnet, wenn es nicht funktioniert!

Warum ? Nun, weil die Werkzeuge = die Software zur Berechnung von Bestandsanlagen nicht für die Anforderungen und Gegebenheiten von Bestandsanlagen konzipiert sind und auch heute noch an den Marktanforderungen "vorbeientwickelt" werden. (Ich hoffe, Ihnen im Kapitel "Werkzeuge zur Berechnung" die passenden Werkeuge zeigen zu können). Weil die Dienstleistung = Berechnung auch bezahlt werden muss. Und weil das Fachwissen (immer noch) fehlt.

Um dieses Fachwissen zu erlangen muss man sich mit folgenden Themen beschäftigen:

Detailkenntnisse nutzen wenig, wenn man nicht die Zusammenhänge versteht.

Aber „irgendwie wird es doch immer warm“ ? Schon, aber oft (und immer öfter) funktioniert es dann doch nicht so, wie man es gerne hätte: Manche Heizkörper werden nicht richtig warm, andere sind oben richtig heiß und unten kalt, in Räumen, die nahe am Wärmeerzeuger liegen rauscht es am Ventil, morgens ist es im Bad kalt, während im Kinderzimmer der Heizkörper „glüht“, und das Thermostatventil macht eigentlich nicht das, was es tun sollte, nämlich die Fremdwärme nutzen. Es werden neue, hochmoderne Wärmeerzeuger eingebaut, und nach der ersten Heizperiode ist die prognostizierte Energieeinsparung dann doch nicht so, wie sie eigentlich sein sollte

Aber die Lösung ist schon in Sicht: Einfach das Netz „hydraulisch abgleichen“ und schon ist alles wieder im Lot. Alles klar, gerade in einer Altanlage, ……  Aber wie ? Haben Sie jetzt auch gerade dieses Schema vor ihrem geistigen Auge und fragen sich: Aber wie und wo fange ich damit an, …..

…. und, warum ist denn nun dieser „hydraulische Abgleich“ eigentlich notwendig ?

Vorab: Eine Heizungsanlage ist dafür da, dass in der Heizperiode in einem Wohngebäude eine bestimmte thermische Behaglichkeit vorhanden ist. Die Gebäude-/Raumhülle hat bestimmte Wärmeverluste, die der oder die Heizkörper wieder ausgleichen. Es stellt sich also (im stationären Zustand) ein gewisses Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage ein. Zusätzlich werden Wärmegewinne durch Beleuchtung, Sonneneinstrahlung, Verbraucher (unser täglicher Begleiter im Büro: der PC) und Personen genutzt – das Thermostatventil lässt grüßen.

Die Wärmeabgabe über die Heizflächen wird im Wesentlichen durch zwei Parameter beeinflusst:

  • Zentral durch die Regelung der Vorlauftemperatur (gleichzeitige Beeinflussung aller Räume)
  • Lokal durch den Durchfluss am z.B. Heizkörper (oder allgemein: am Verbraucher)

Dieser Durchfluss kann an jedem Verbraucher entsprechend der benötigten Wassermenge durch eine „Drossel“ (Voreinstellbares Thermostatventil oder unterschiedliche Ventilkegel) begrenzt werden. Zusätzliche Wärmegewinne werden durch Thermostatventile (oder eine Einzelraumregelung) genutzt, indem die Wassermenge selbsttätig weiter reduziert wird.

WICHTIG: Thermostatventile ersetzten nicht den hydraulischen Abgleich, Der hydraulische Abgleich ist die Voraussetzung für die optimale Funktion der Thermostatventile !

Thermostatventile sind u.a. dafür da, dass Wärmegewinne durch einen reduzierten Durchfluss genutzt werden  Durch eine berechnete Voreinstellung wird der max. Durchfluss begrenzt.

Welche Mängel heute durch den fehlenden hydraulischen Abgleich auftreten, möchte ich hier nur kurz in Stichpunkten aufzählen; im Bereich Systembetrachtung ist alles, nein vieles, hinreichend erläutert. Sie kennen die Mängel:

  • Ungleiche Wärmeabgabe in den einzelnen Räumen
  • Ungleichmäßige Aufheizzeiten
  • Schlechtes Regelverhalten der Thermostatventile
  • Geräuschprobleme
  • Zu hohe oder zu niedrige Rücklauftemperaturen

Fazit: Der hydraulische Abgleich von Heizungsanlagen ist ein Muss. Sowohl in theoretischen Betrachtungen als auch in Feldversuchen (ich möchte hier ausdrücklich auf die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Wolf im Projekt „Optimus“ hinweisen) ist eindeutig der energetische und wirtschaftliche Nutzen bewiesen. Das Verhältnis von Aufwand (Investition)zum Nutzen (Energieeinsparung) ist unschlagbar günstig.

Aber die wichtigste Erkenntnis ist: Jeder von uns kann sofort handeln. Fast drei Viertel der Wohngebäude ins Deutschland sind zwischen 15 und 60 Jahre alt. Was muss passieren?

  • Die spezifischen Heizwärmebedarfswerte müssen merklich gesenkt werden – Energie die nicht benötigt wird, muss auch nicht mit einem noch so guten oder schlechten Anlagenwirkungsgrad erzeugt werden.
  • Die Anlagentechnik ist zu optimieren. In Millionen von Heizungsanlagen sind Thermostatventile vorhanden, die nicht optimal „arbeiten“ können, weil der hydraulische Abgleich fehlt. Ein unkontrollierbares Überangebot an Energie wird im wahrsten Sinne des Wortes „weggelüftet“

Seit über 15 Jahren ist ein Ventilgehäuse mit Voreinstellung „Standard“ – die Ventile sind aber nicht eingestellt (Deshalb gibt es auch diese WebSite, um Ihnen zu zeigen, dass es gar nicht so schwierig ist wie oft kommuniziert).

Thermostatventile neuster Generation arbeiten effektiver und sind nebenbei auch optisch auf dem neuesten Stand. Die Kosten für Hilfsenergie können durch moderne Pumpen deutlich gesenkt werden

An dieser Stelle noch „zwei Wörter“ zum Energiepass und zu den KfW-Förderprogrammen

Zum 1.4.2012 änderten sich die wohnwirtschaftlichen Programme CO2- Gebäudesanierungsprogramm, Wohnraum Modernisieren und Ökologisches Bauen (siehe auch Fördermittelcheck und KfW Förderbank)

Hier sind Öl- oder Gasheizungen nur noch mit Brennwertgeräten förderfähig. Gleichzeitig muss der Fachunternehmer die Durchführung des hydraulischen Abgleichs der Heizungsanlage bestätigen, z.B. auf der Rechnung.

Wenn ich nun lese, dass der Bedarfspass (nur der macht Sinn, ähnlich dem Normverbrauch eines Kraftfahrzeuges), der die energetische Qualität des Gebäudes unabhängig vom Nutzerverhalten aufzeigt, nur 80 bis 120 Euro kosten soll, dann frage ich mich, wie das in der Praxis funktionieren soll ? Zwar müssen gemäß § 20 der EnEV kostengünstige Empfehlungen für die Verbesserung der Energieeffizienz als Modernisierungsempfehlungen beigefügt werden, aber dies ersetzt nie und nimmer eine Begutachtung der Heizungsanlage vor Ort  und eine ausführliche und kompetente Beratung des Anlagenbetreibers.

Und das geht nicht für diesen Betrag ! Hier muss auch ganz klar gesagt werden, dass Fachkompetenz und schlicht und einfach der Zeitaufwand bezahlt werden müssen.