Einstellregeln - thermische Behaglichkeit

Grundlegendes Vorgehen

Basierend auf den Erläuterungen der vorgelagerten Abschnitte soll nachfolgend eine Methodik zur Einstellung von heizungstechnischen Anlage dokumentiert werden. Die Einstellregeln haben grundsätzlich den Fokus auf einer energieoptimierten Fahrweise der technischen Anlage, wobei gleichzeitig die eigentliche Heizaufgabe in den Räumen sichergestellt werden muss.

Aus diesem Grund ist die oberste Priorität einer heizungstechnischen Anlage, die vom Nutzer gewählten operativen Raumtemperaturen einzuhalten. Sie stellen das Anforderungsniveau im Raum dar. Bei der energieoptimierten Einstellung einer heizungstechnischen Anlage muss daher zunächst:

  1. Der hydraulische Zustand der Anlage detektiert und bewertet werden. Hierzu sind grundsätzlich mehre Möglichkeiten gegeben. Wichtigste Forderung ist die Einhaltung der Auslegungsmasseströme im Nennlastfall. Diese sind über einen durchzuführenden hydraulischen Abgleich (statisch / dynamisch) zu realisieren (*3). Praktisch durchzuführen ist der hydraulische Abgleich durch Einregulierung und gegeben falls Änderung der Druckverluste in den einzelnen Heizkreisen. Die Druckverluständerung kann dabei verbrauchernah über Voreinstellungen an den Ventilen erfolgen. Bei großen Systemen kann eine Einstellung von gesamten Heizungssträngen (Teilsystem) sinnvoll sein. Zu achten ist hierbei darauf, dass keine Geräuschentwicklungen auftreten.

  2. Nach der Sicherstellung der hydraulischen Zustände ist die Heizkurve so einzustellen, dass alle Verbraucher ordnungsgemäß versorgt werden. Wichtigstes Kriterium zur Wärmeübertragung an Heizflächen ist hierbei die Gewährleistung einer ausreichend vorhanden Übertemperatur, die sich aus der Vorlauftemperatur, der Rücklauftemperatur sowie der gewählten Raumtemperatur ergibt. Zur Bestimmung kann Gl. 9 bzw. in vereinfachter Weise Gl. 10 verwendet werden (*4):

                                                                                      

Übertemperatur und die Konstruktion der freien Heizfläche bestimmen den abgegeben Wärmestrom nach Gl. 2.

Wie auf Basis von Gl. 2 leicht zu erkennen ist, kann im Betrieb nur eine Anpassung der Vorlauftemperatur einfach realisiert werden, da eine Veränderung der wärmeübertragenden Fläche mit einem Ausbau / Austausch der freien Heizfläche verbunden ist. Hinsichtlich der Einstellung der Heizkurve stehen zwei wesentliche Parameter bei heizungstechnischen Anlagen zur Verfügung. Es handelt sich um

  1. die Steilheit der Heizkurve „X“,
  2. sowie der Offset „Y“

Details hierzu sind in Gl. 8 angegeben. Die Steilheit der Heizkurve ergibt sich aus der Auslegung des Systems. Typische Temperaturpaarungen sind der Tab. 4 zu entnehmen.

Gebäudetyp

JV

in °C

JR

in °C

Ji

in °C

Altbau

90

70

20

Sanierter Altbau

(z.B. Fensteraustausch / Fassade)

70

55

20

Neubau

55

45

20

Tab. 4: Vorlauf- / Rücklauf und Raumtemperaturen für die Einstellung der Heizkurve

Zu beachten ist bei der Gestaltung der Heizkurve eine dynamische Aufheizreserve. Diese dynamische Aufheizreserve kann durch einen zeitlich begrenzten Offset auf die Heizkurve realisiert werden. Typisch sind hier Werte von 5 K bis 10 K. Der Offset dient hier ausschließlich zur Leistungssteigerung der Anlage innerhalb z.B. einer Anheizphase und sollte nicht dauerhaft eingestellt werden (Komfortfunktion).

Mit Vorgabe der Heizkurve kann im Nennlastbetrieb die Heizungsanlage eingestellt werden. Anschließend ist zu kontrollieren, welche Rücklauftemperaturen sich ergeben. Werden alle Räume korrekt versorgt und es stellt sich eine Rücklauftemperatur unterhalb der Auslegungstemperatur ein, so sind im System thermische Reserven (z.B. durch eine Überdimensionierung der Heizflächen) vorhanden. Dies Überdimensionierung kann dauerhaft für eine Absenkung der Heizkurve genutzt werden. Hierzu „adaptiert“ man die Vorlauftemperatur in den Maßen, bis die Rücklauftemperatur ansteigt. Als Nebenbedingung muss auch hier die Raumtemperatur aufrechterhalten werden (*5)

Durch die Absenkung der Heizkurve können sich am Erzeugungssystem deutliche energetische Einsparungen einstellen. Je abhängiger die Effizienz des „Wärmeerzeugungssystem“ von den Systemtemperaturen ist, desto größer sind hier die möglichen energetischen Einsparungen. Tab. 5 liefert hierzu einige grundlegende Kennwerte.

Anlagentyp

Energieeinsparung in %

Niedertemperaturgerät

≤ 4,0

Brennwertgerät

≤ 8,0

Wärmepumpe

≤ 13,4

Tab. 5: Energieeinsparung in % bezogen auf ein System ohne Vorlauftemperaturadaption nach [4]

 

Ein prinzipielles Vorgehen zur Einstellung von heizungstechnischen Systemen ist der Abb. 6 zu entnehmen.

 


(*3) Der hydraulische Abgleich kann über mehrere Verfahren realisiert werden. Allen Verfahren gleich ist hierbei der Nachweis, dass der berechnete Massestrom an den Verbrauchern auch vorhanden ist. Hierzu ist sicherzustellen, dass der Druckverlust über die einzelnen Heizkreise gleich ist. D. h. es nicht Bereiche gibt, bei denen ein deutlich geringerer Druckverlust zu verzeichnen ist, was zu einer Verschiebung der Massestromverhältnisse führt.

(*4) Mittels der Übertemperatur an der freien Heizfläche wird mit der Bilanzgleichung 2 die Wärmeangabe in den Raum bestimmt. Diese muss der Heizlast des Raumes entsprechen.

(*5) Die zentral erfasst Rücklauftemperatur ist ein Mischgröße und lässt keinen vollständigen Rückschluss auf die Rücklauftemperatur an den einzelnen Heizkörpern zu.